23.05.2022

Offener Brief an Ministerpräsident Kretschmer - Verbände fordern Bestandsregulierung des Wolfes

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Kretschmer,
sehr geehrte Damen und Herren,

die artgerechte Weidetierhaltung und die damit verbundene naturnahe Landschaftspflege zugunsten biologischer Artenvielfalt stehen in Sachsen mittelfristig vor dem Aus! Aufgrund der zunehmenden Ausbreitung des Wolfes steigt in Sachsen die Zahl der Übergriffe auf Weidetiere rasant. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Zahl der durch den Wolf geschädigten Weidetiere nahezu verdoppelt. Wurden mit Stand 16. April 2021 84 bestätigte Wolfsrisse seit Beginn des Jahres 2021 erfasst, waren es zum 22. April 2022 bereits 165 und drei Wochen später sogar 212 geschädigte Weidetiere im laufenden Jahr!

Parallel setzt sich der Abwärtstrend etwa in der Schafhaltung der vergangenen Jahre weiterhin fort. Das Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen bestätigte in einer Pressemitteilung vom 9. März 2022 den niedrigsten Schafbestand seit Durchführung der Erhebung vor zehn Jahren.

Zwingend und unverzichtbar ist daher aus Sicht der Weidetierhalter, eine pragmatische Bestands-regulierung der Wolfspopulation in Sachsen und anderen betroffenen Bundesländern. Ein solcher Weg muss unter anderem Bestandsunter- sowie Bestandsobergrenzen vorsehen und nach dem Jagdrecht ebenso die Eliminierung von Problemtieren durch Schutzjagden ermöglichen. In der Weidetierhaltung sind gerade junge und neugeborene Tiere für Wölfe leichte Beute. Derartige Übergriffe haben trotz der Installation geeigneter, stromführender Zäune in den vergangenen Monaten und Jahren gezeigt, dass solche Schutzmaßnahmen längst nicht mehr ausreichen. Zusätzlich sei erwähnt, dass der Unterhalt und die Pflege solcher Schutzzäune, etwa hinsichtlich Freihaltens von Bewuchs, Weidetierhalter vor enorme arbeitsintensive und finanzielle Herausforderungen stellt. Ein überwiegend auf Weidetierhaltung ausgerichteter Betrieb wird daher mit der Frage konfrontiert, ob man diese Aufwände, trotz finanzieller Unterstützung vom Staat, jemals refinanzieren kann und es sich für den eigenen Betrieb daher überhaupt lohne? Betrachtet man zudem das Verhalten der Weidetiere nach Wolfsübergriffen, etwa bei Rindern, so ist deren Verhalten gegenüber Landwirten oftmals aggressiv bis lebensbedrohlich. Die Tragweite der Wucht einer panischen Pferdeherde auf und über Straßen, Autobahnen, Menschengruppen schließlich tödlich. Schlussendlich steht der Weidetierhalter vor der Frage entweder eine ganzjährige Stallhaltung oder sogar die völlige Aufgabe der Tierhaltung in Betracht zu ziehen!

Sicher Artenschutz ist richtig und wichtig. Es kann und darf aber nicht sein, dass EINE Tierart zu LASTEN der Anderen bevorzugt wird.

Wir, die unterzeichnenden Verbände, fordern Sie daher gemeinsam mit Landrat Michael Harig auf, sich aktiv für eine Bestandsregulierung des Wolfes auf Bundesebene einzusetzen, damit Weidetierhaltung in Sachsen auch weiterhin eine sichere und praktikable Zukunft hat.

Gunther Zschommler
Vizepräsident Sächsischer Landesbauernverband e.V.

Michael Harig
Landrat Landkreis Bautzen

Detlef Rohrmann
Vorsitzender Sächsischer Schaf- und Ziegenzuchtverband e. V.

Wilhelm Bernstein
Vizepräsident Landesjagdverband Sachsen e. V.

Bernd Barfuß
Vorsitzender Sächsischer Rinderzuchtverband e. V.

Hans-Jürgen Gerlach
Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzender Landesverband landwirtschaftliche Wildhalter des Freistaates Sachsen e. V.

Bernhard Feßler
Leiter Hauptstadtbüro Deutsche Reiterliche Vereinigung e. V. (FN)

Christian Kubitz
Geschäftsführer und Zuchtleiter Sachsen Pferdezuchtverband Sachsen-Thüringen e. V.

Annett Schellenberger
Präsidiumsmitglied Landesverband Pferdesport Sachsen e. V.


DBV - aktuelle Meldungen

24.04.2024
EU-Parlament setzt wichtiges Signal für mehr Entlastung der Landwirtschaft
DBV zu den EU-rechtlichen Vereinfachungen bei der GAP-Förderung

24.04.2024
Rehkitze und Bodenbrüter bei der Frühjahrsmahd schützen
Gemeinsame Pressemitteilung von BAGJE, BLU, BMR, DBV, DJV, DWR und der Deutschen Wildtier Stiftung

24.04.2024
„Zukunftsprogramm“ ist Affront gegen die Landwirtschaft
Rukwied: Rückbauprogramm für die deutsche Landwirtschaft

19.04.2024
Landwirtschaftlicher Wissenstransfer: Deutsch-ugandischer Junglandwirteaustausch beginnt
Schorlemer Stiftung startet die nächste Runde ihres Austauschprogramms „International Young Farmers‘ Exchange Program“ mit Uganda

16.04.2024
Geplante Duldungspflicht ist vom Tisch
Krüsken: für die Akzeptanz der Energiewende unverzichtbar

11.04.2024
Bundesregierung muss Landwirtschaft entlasten
DBV zum Gespräch zwischen Zukunftskommission Landwirtschaft und Bundeskanzler Scholz

10.04.2024
Bauernverband zur Diskussion um Mehrwertsteuererhöhung auf Fleisch
Rukwied: Erhöhung auf den Regelsteuersatz lehnen wir ab

08.04.2024
Jahressteuergesetz enttäuscht auf ganzer Linie
Rukwied: Risikorücklage muss kommen

26.03.2024
Bauernverband legt Forderungspapier zu Bürokratieabbau und Entlastungen vor
Rukwied: Landwirtschaft jetzt entlasten!

22.03.2024
Steffi Lemke und Cem Özdemir besuchen F.R.A.N.Z.-Betrieb im Havelland
Biodiversität praxistauglich und mit angemessener Honorierung in die Fläche bringen

22.03.2024
Bewegte Zeiten in der Milchwirtschaft: Wie stellen wir die Weichen für die Zukunft?
Berliner Milchforum adressiert Bürokratieabbau und Weiterentwicklung der Nutztierhaltung